Story
Interviews
Veröffentlicht am 14.04.2023

Kling Klang Klong

Das Berliner Künstlerkollektiv "kling klang klong" besteht aus Komponisten, Sounddesignern, kreativen Denkern, Wissenschaftlern und Technologen. Was sie verbindet ist die Leidenschaft neue Wege zu entdecken und Menschen durch die Wirkung von Klang zu bewegen. Sie sind unter anderem bekannt für Inszenierungen an der Semperoper in Dresden oder der Elbphilarmonie in Hamburg. Für die Erforschung und Erweiterung des Klangs und der New Media Art nutzen sie neue Technologien, wie Artificial Intelligence (AI). In einer Zusammenarbeit mit "Künstler ohne Namen" sind sie mit einer raumgreifenden Licht- und Soundinstallation ein wesentlicher Teil der Ausstellung "Marionette", zum Thema Deep Fake, im POP KUDAMM.
Pop Kudamm:Wann hat sich das Studio für Klangforschung gegründet?
kling klang klong:Im Jahr 2013. Obwohl wir kein Studio für Klangforschung im klassischen Sinne sind. Auf der Suche nach ästhetischem und künstlerischem Ausdruck arbeiten wir gern mit Wissenschaft(lern) zusammen, um unsere Erlebnisse zu gestalten. Wir sind aber in erster Linie ein Studio für Klangerlebnisse und lassen uns beim Designen der Experiences gern von Wissenschaft und Forschung inspirieren.
Pop Kudamm:Wie habt ihr euch gefunden?
kling klang klong:Die Gründer haben sich als Freelancer in Bereich Music, Scenography und Sounddesign getroffen und schnell gemerkt, dass sie weitgehend die gleichen Erwartungen, Haltungen und Träume haben.
Pop Kudamm:Was macht eure Arbeit aus, was begeistert euch daran?
kling klang klong:Wir sind neugierig, wir sind Macher, wir sind multidisziplinär. Wir sind ein Team aus Nerds das in erster Linie an der Arbeit selbst interessiert ist. Das ist unsere Leidenschaft und wir sind immer auf der Suche nach neuen Erlebnissen, nach neuen Arten, um unsere Neugier zu befriedigen. Das, was wir für wichtig halten, auf unsere Weise und in unserer Sprache mit unserem Publikum zu teilen. Uns verbindet alle die Leidenschaft für Klang, aber wir alle nähern uns dem Thema aus unterschiedlichen Richtungen… sozial, philosophisch, naturwissenschaftlich, technologisch, ästhetisch etc.
Pop Kudamm: Ihr nutzt teilweise KI zur Erforschung und Erweiterung eurer Sound- Lichinstallationen, wie kamt ihr dazu und was ist das Besondere?
kling klang klong:Seit unserer Gründung benutzen wir immer neue Technologien, um unsere Arbeit zu erweitern. So war es mit 3D-Kameras und VR, Sensortechnik und so weiter. Mittlerweile ist eine andere bahnbrechende Technologie in aller Munde, die wir bereits etwas länger intensiv verfolgt haben: A.I ist ein Game Changer. Wir können auf eine Reihe erfolgreicher arbeiten zurückblicken, die mit Hilfe von A.I. gemacht wurden. Unsere erste Begegnung damit hatten wir 2018. Da haben wir für unsere Kollaboration “Meandering River” mit Onformative unsere erste A.I. Komposition geschaffen. Damals haben wir direkt das riesen-Potential entdeckt und auch schon viele der technisch-philosophischen Fragen berührt, die durch creative AI aufgeworfen werden. Wir beschäftigen uns natürlich nicht nur mit den gestalterischen Möglichkeiten, sondern auch mit den gesellschaftlichen Folgen, die solche Technologien mit sich bringen.
Pop Kudamm: Welche Arbeit ist euch bis heute in Erinnerung geblieben?
kling klang klong:Das ist nicht ganz einfach zu beantworten. Wir versuchen in jeder Arbeit ein Aspekt herauszuarbeiten, der uns inspiriert und die Arbeit einzigartig und neu macht. Bei diesem prozessorientierten Approach fasziniert uns am Ende nicht nur das Ergebnis, sondern auch die Zusammenarbeit mit unseren Kunden, Kollaborationspartnern oder Freunden. Unsere Arbeiten bleiben aus unterschiedlichen Gründen in Erinnerung: Eine 80-Kanalmischung im 40. Stock eines Wolkenkratzers zu machen, eine Oper für generative AI zu schreiben, mit großen Orchestern zu arbeiten und dabei die externen Spezialisten im Team kennenzulernen, von ihnen zu lernen, Spass zu haben: All das macht Projekte unvergesslich. Wir legen uns da allerdings ungern fest. Unser Projekt ist kling klang klong.
Pop Kudamm:Ihr seid mit einer Licht- und Soundinstallation Teil der Ausstellung Marionette im POP KUDAMM, die sich auf mehreren Ebenen mit dem Thema Deep Fake befasst. Wie habt ihr euch mit diesem Thema befasst, bzw. was war eure Auseinandersetzung?
kling klang klong:Mit diesem Thema befassen wir uns ständig. Der Einfluss und die gesellschaftliche Rolle der Medien ist für uns immer ein zentraler Gedanke. Wir sind uns bewusst, dass wir nicht nur Konsumenten sind, sondern als Schaffende von Medien auch Ideen und Gefühle kommunizieren, die wir mit unseren Publikum teilen wollen. Wir sind uns auch bewusst, welche Macht die Medien haben und denken sehr viel über unsere Rolle und Verantwortung nach, die wir in diesem ganzen Apparat haben. Auf klanglicher Ebene ist “Deep Fake” nicht so offensichtlich, es reduziert sich normalerweise auf die Stimme. Aber genau weil es nicht so offensichtlich ist, hat es eben auch das Potential sehr gefährlich zu sein. Für “Marionette” sind wir das Thema auf emotionaler Ebene angegangen, wir wollten eine Arbeit schaffen, die ein subtiles Unwohlsein erzeugt, ein Gefühl, dass irgend etwas nicht stimmt. Etwas zunächst schönes, mit einer verborgenen dunklen Seite. Inspiriert von den teilweise gefakten Bildern und Klängen der Nachrichten aus dem russisch-ukrainischen Krieg haben wir ein Stück gemacht, welches sich mit der Ruhe vor dem Sturm befasst und Leute einlädt, sich in diesen von Ambivalenz getränkten emotionalen Zustand zu versetzen.
Pop Kudamm: Ist es in einem medialen Zeitalter, wie dem Jetzigen, schwieriger Leute zu überraschen bzw. zu berühren?
kling klang klong:Überraschen vielleicht, zu berühren nicht. Das ist die Magie von Klang. Musik und Klang sind emotionale Medien und in Kombination mit Technologie fühlt sich unsere Arbeit für viele Menschen wie Magie an. Klang ist abstrakt und vor allem “mit dem Herzen” zu verstehen, deswegen ist ja auch bis heute Musik das wahrscheinlich beliebteste Mittel, Menschen etwas “ans Herz zu legen”, also Inhalte oder Momente zu emotionalisieren.
Pop Kudamm:Was denkt ihr, welche zukünftigen musikalischen Möglichkeiten es geben wird? Was wolltet ihr schon immer einmal verwirklichen?
kling klang klong:Gerade ist das Thema AI so zentral und unberechenbar, da ist es sehr schwierig zu sagen wo diese Reise hinführt. Es fühlt sich ein bisschen so an, als wäre in der Zukunft alles und gleichzeitig nichts möglich. Werden wir von AI ersetzt? Wird Musik nur noch von AI produziert werden? Vermutlich erstmal nicht ganz, aber AI wird in jedem Fall unser neuer, ständiger Begleiter. Bei all den Veränderungen wird aber eins gleich bleiben: Unser Bedürfnis, unsere Stimme hörbar zu machen. Mit oder ohne Technologie. Wir machen das was wir machen weil wir etwas zu sagen haben, weil wir etwas sagen wollen, um unsere Erfahrungen und Gefühle zu teilen. Das wird nie ein AI für uns ersetzen können. Wir möchten in der Zukunft Arbeiten schaffen, die sich jenseits von Tech oder medientheoretischen Hypes mit zeitlosen Inhalten beschäftigen. Wir wollen mit unserer Sprache - dem Klangwissenschaftliche und soziale Themen angehen und daraus emotional einzig - und eigenartige Arbeiten schaffen. Ob das mit dem Quantencomputer oder einem Klavier gemacht wird, ist irrelevant. Wichtig ist der Inhalt und was wir damit bewirken.

Infos:

Header Trailer: “Touch me not” 
TOUCH ME NOT ist eine interaktive Klangskulptur, eine reflektierende Kugel mit einer konstanten, organischen Bewegung. Die Skulptur schwebt in ihrer Einsamkeit friedlich in der Luft, während der Klang ihrer sanften, atemähnlichen Bewegungen eine einzigartige Atmosphäre schafft.
Nähert sich ein Besucher und dringt in ihren privaten Raum ein, schrumpft die Skulptur, verschließt sich und bleibt still. Die Arbeit spiegelt die Natur der Interaktion mit unserer Umwelt wider, bei der der Akt der Beobachtung das beobachtete Wesen verändert. Was man sieht, ist immer eine Projektion der eigenen Interpretation, ein Spiegelbild der eigenen Person.

1.Bild: Meandering River A.I. Musikkomposition
MEANDERING RIVER ist eine audio-visuelle Installation, die in Zusammenarbeit mit onformative entstanden ist. Das Stück besteht aus Bildern, die von einem Algorithmus generiert werden, und Musik, die von einer künstlichen Intelligenz komponiert wurde. Das Stück erstreckt sich über mehrere Bildschirme und interpretiert das sich verändernde Verhalten von Flüssen neu, indem es ihre Auswirkungen auf die Erdoberfläche visualisiert und vertont.

2.Bild: Fireflies Licht- und Soundskulptur
Fireflies ist eine groß angelegte Klang- und Lichtskulptur, die das emergente Verhalten von synchronen Glühwürmchen simuliert. Überall in der Natur können sich Massen von relativ einfachen Elementen selbst zu Verhaltensweisen organisieren, die unerwartet komplex erscheinen.
Das unisono Blinken der Glühwürmchen ist eine faszinierende Manifestation der Ordnung, die ohne die Anweisungen eines Anführers entsteht. Fireflies schafft eine verblüffende Erfahrung, indem es einen Algorithmus verwendet, um dieses natürliche Phänomen zum ersten Mal nicht nur visuell, sondern auch klanglich zu imitieren.

More Infos:
www.klingklangklong.com

Link zu der Ausstellung "Marionette"

Fr, 14.04.–So, 30.04.23
, 14:00

Marionette

Auf mehreren Ebenen gibt die Ausstellung Einblicke in die bizarren Schattenseiten aber auch positiven Entwicklungen der Deep Fake Technologie.

What's on?